Hallo Colin, digitale Fotografien haben sich zu einem Massenprodukt entwickelt. Die wenigen gedruckten Bilder unter ihnen verschwinden schnell in der Schublade und erblicken das Tageslicht leider nur selten. Die Idee hinter CODEX ist die Veröffentlichung von Fotografien durch die Entwicklung eines Wandbuchs, welches die Bilder auf eine neue Bühne hebt und ihnen letztendlich die wohlverdiente Beachtung schenkt.
Durch deine Arbeit als Fotograf besitzt du eine große Expertise im Bereich der Fotografie – Was hat dich zu deinem Job bewegt und welche Gedanken hast du zu CODEX Wallbooks?
Mein Name ist Colin Meagher und ich bin professioneller Fotograf. Ich wuchs an der Nordwest-Pazifikküste der USA auf und schon als ich etwa 10 Jahre alt war, wusste ich, dass ich später Fotograf werden möchte. Zu Beginn habe ich viele Sportarten fotografiert, weil mich der Sport so faszinierte und schließlich fotografiere ich heute immer noch gerne beim Mountainbiken. So führte mich der Weg weiter auf die Weltcup-Mountainbike-Rennstrecke, die mich im Sommer wirklich sehr beschäftigt hielt. Dadurch kam ich selbst nur selten zum Fahren. Doch als ich dann nach Hause kam, waren die Streckenbedingungen perfekt und ich konnte so oft fahren wie ich wollte und dabei das Hochland genießen, bis der Schnee kam – und das ist es, was diese besondere fotografische Arbeit inspiriert hat – „Fall into winter“.
Mir gefällt CODEX Wallbooks als Medium, um meine Bilder zu präsentieren, weil er mir die Möglichkeit gibt, mehr als eine eindimensionale Geschichte zu erzählen. Es gibt immer 2 Bilder, mit denen du spielen kannst. Beispielsweise auf der Doppelseite des Mount Rainier zeigt die eine Seite eine Aufnahme des wunderschönen Landes um den Berg, während auf der anderen Seite deutlich wird, wie massiv der Berg tatsächlich ist – obwohl beide Bilder von derselben Entfernung zum Berg aufgenommen wurden.
Sie zeigen denselben Weg und sind dabei nicht mehr als hundert Meter voneinander entfernt. Das Doppelseitenlayout des Buches ermöglicht es, sowohl eine Makro- als auch eine Mikroperspektive zu zeigen, so dass ich einerseits eine Landschaftsansicht aus der Ferne zeigen kann, die den gesamten Trail zeigt – gleichzeitig aber auch eine Detailaufnahme zeige, die sichtbar macht, was um den Trail herum passiert. Es gibt andere Sportarten als das Mountainbiken, bei welchen man sich besser umschauen und die Landschaft genießen kann – wie beim Wandern oder klettern. Doch beim biken ist man wirklich auf den Trail konzentriert. Das zweiseitige Format ermöglicht es mir, auch vom Mountainbiken beide Dinge zu zeigen – Die Interaktion der Person mit der Umgebung.
Wenn sich die Jahreszeit wieder weiter in Richtung Herbst bewegt, kann man die roten, wilden Bilder in der Natur wieder erleben, wenn sich die Herbstfarben wieder zeigen, aber man kann auch die Landschaft, in der der Fahrer Zeit verbringt, genießen. Wenn du tiefer in die technische Spur versinkst, kannst du nicht mehr alles wahrnehmen, was dich umgibt, weil du dich hundertprozentig auf den Trail vor dir konzentrieren musst. Trotzdem bist du nach wie vor von dieser Landschaft umgeben und dieses praktische zweiseitige Format lässt dir die freie Hand, beide Perspektiven zu sehen – den technischen Weg des Fahrers, wie er über Wurzeln und Felsen tanzt, sowie all das Herbstlaub, die Stimmung, den Nebel und das Moos – sämtliche Details können sichtbar gemacht werden.
Ein weiterer Vorteil des zweiseitigen Formats ist die Möglichkeit, verschiedene Texturen zu zeigen – Auf der einen Seite ein Bild einer Reifenspur, die sich durch den Lehm zieht, auf der anderen Seite der Kontrast einer Nahaufnahme des Lehms, der am Reifenprofil anhaftet.
Anderes Beispiel wie hier ein Makro Detail von Wassertropfen, was auf der Aufnahme mit dem Fahrer allein nicht zur Geltung gekommen wäre. Die beiden Bilder ergänzen sich daher.
Man kann wirklich sehr gut mit den Texturen spielen. Ein weiteres Beispiel zeigt das Bild eines nassen Trails auf der linken Seite und eine schlammige Reifenspur auf der rechten Seite. Sie ergänzen sich mit verschiedenen Streckenabschnitten auf den jeweiligen Seiten und schildern dabei das Geschehen. Mit dem doppelseitigen Format lassen sich beide Konzepte gleichzeitig ausdrücken. So habe ich auch die Möglichkeit, zwei verschiedene Perspektiven derselben Szene zu zeigen.
Hier sieht man auf der einen Seite einen breiteren Landschaftsblick des Fahrers, der einen Streckenabschnitt fährt, auf der rechten Seite sieht man den exakt selben Streckenabschnitt – jedoch mit einer anderen Perspektive. Auch das wäre ohne ein zweiseitiges Format nicht möglich. Es erlaubt auch ein gutes Geschichtenerzählen. Die Schneeflocke auf dem linken Bild der nächsten Doppelseite ist buchstäblich die erste Schneeflocke, die an diesem Tag fiel.
Auf dem rechten Bild waren wir bereit zu fahren und wussten, dass es schneien wird, da die erste Schneeflocke gerade gefallen war, während wir die Fahrräder entluden. Wieder einmal geht es ums Geschichtenerzählen. So kannst du den Leuten besser erzählen, was passiert ist – im Vergleich zu einem einzelnen Bild. Beide spielen miteinander, ergänzen sich und erzählen dieselbe Geschichte, ohne zu konkurrieren.
Ende.